Digitalisierung von analogem Videomaterial

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Zunächst einmal einige Begriffe:

"Video" Als Video wird das bezeichnet, was allgemein im Fernsehen gesendet wird oder auf analogen Videodatenträgern wie Bändern (VHS, Beta, Video2000 etc.) oder LaserDisc (LD) aufgezeichnet wird. Digitale Formate lassen wir hier erstmal aussen vor. "Film" (8mm, 16mm usw.) ist eine ganz andere Baustelle. Da gibts vielleicht noch mal eine extra Seite zu...
"Grafik" Das, was aus der Grafikkarte des Computers rauskommt und alles, was damit in Zusammenhang steht.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Diese Thematik ist eine, die einem wirklich "graue Haare"
wachsen lassen kann und unglaublich viele Tückem im Detail aufweist. Vor allem, wenn man
ein einigermaßen akzeptables Ergebnis erzielen will und auch die längerfristige Nutzbarkeit
des Digitalisats sicherstellen will. Schließlich möchte man die ganze Odyssee ja nicht in zwei,
drei Jahren wiederholen müssen...

Prinzipiell lässt sich die Aufgabe auf drei bis vier Teilbereiche aufsplitten:

  1. Die (möglichst) optimale Wiedergabe des analogen Materials
  2. Die qualitativ hochwertige und sinnvolle (zum Letzteren später mehr) Digitalisierung des analogen Materials.
  3. Die Editierung des digitalen Materials und die Transcodierung in das Zielformat
  4. (Die Erstellung digitaler Videomedien wie VCD, DVD, BD oder digitalen Bandformaten)
Letzteres kann entfallen wenn man die erzeugten Dateien "nur" auf dem Rechner (o.Ä.) wiedergeben möchte.

Also, gehen wir es an!

Die analoge Quelle (vulgo "Zuspieler")

Mit der LaserDisc (LD) habe ich noch keine eigenen Erfahrungen machen können. Dem Vernehmen nach soll dies
aber weniger Probleme bereiten als bandbasierte Quellen, da das Aufzeichnungsmedium langzeitstabiler ist und das
Verfahren generell eine bessere Signalqualität ermöglicht...

Als Ausgangsmedium wird hier vor allem die VHS-Kassette und ihre Abarten angenommen; ich denke dass das hier Gesagte
auch im Wesentlichen auf andere Systeme (Beta, Video2000 etc.) übertragen werden kann.

Das Ausgangsmedium,

also die Bandkassette bzw. das Band.
Für ein gutes Ergebnis ist der Zustand und damit auch das Alter des Bandes entscheident.
Im wesentlichen hängt das von der Qualität des verwendeten Bandmaterials ab ("Billigbänder"
sind oft weniger langzeitstabil als "Markenbänder") und die Art der Lagerung ab. Erwarten sie
von Bändern, die zehn Jahre auf dem im Sommer heissen und im Winter kalten Dachboden
gelagert wurden keine Wunder...
Regelmäßiges Umspulen ist auch nicht schlecht; es vermindert "Geisterbilder", die durch magnetisches
Übersprechen zwischen den einzelnen Bandlagen in einem Wickel entstehen können.
Bei schlechteren (vor allem warmen) Lagerbedingungen steigt vor allem das Rauschen auf den Bändern, welches
ein wesentliches Problem beim Weiterverarbeiten des Digitalisats ist.

WICHTIG!!!
Vermeiden sie auf jeden Fall Bänder abzuspielen, die physikalisch beschädigt sind ("Bandsalat"). Vor allem
trifft dies auf Bänder zu, bei denen "Auflösungserscheinungen" wie das Lösen der magnetisierbaren Schicht vom
Band oder eine "Klebrigkeit" des Bandes zu finden sind. Der Versuch solche Bänder abzuspielen resultiert mit
ziemlicher Sicherheit in einem "Desaster" für das Band und auch das Abspielgerät! Lassen sie es!
Wenn wirklich wichtige Dinge auf dem Band sind ist eine Spezialfirma vielleicht noch in der Lage es zumindest
teilweise zu "retten". Setzen sie sich lieber hin, bevor sie nach dem Preis fragen...

Bei "verknitterten" Bändern kann man u.U. versuchen sie wiederzugeben. Dazu ist es erforderlich das Band möglichst
gut zu glätten und wieder sauber auf die Spulen aufzuwickeln.
Ich werde, sobald ich eine Anleitung dafür habe, diese hier veröffentlichen.
Wenn sie versuchen,ein solches Band wiederzugeben, benutzen sie bitte nicht ihren besten Videorecorder. Es könnte ihnen
sonst Leid tuen...

Entsorgen sie auf keinen Fall die Bänder nach der Digitalisierung! Festplatten werden aus Versehen überschrieben und gehen
kaputt. DVD-R sind nach einiger Zeit nicht mehr lesbar, USB-Sticks gehen verloren... Genau... Oder sie sind ein paar Wochen
später doch nicht mit der Qualität ihres Digitalisats einverstanden.
Es versteht sich von selbst, dass bei dieser Gelegenheit die Originale unter optimalen Bedingungen eingelagert werden sollten...

Der Zuspieler, 

also der Videorecorder.
Das ist der erste kritische Punkt. Benutzen Sie einen möglichst guten Videorecorder. Auch wenn das im Prinzip schon
von vorne herein klar ist: Das Ausgangssignal was da herauskommt ist das Material was Sie digitalisieren.
Sprich: Was nicht da ist kann später auch nicht digital aufbreitet und verbessert werden. Deshalb geht es darum, ein möglichst
gutes analoges Videosignal zu erhlaten, das möglichst alle Informationen enthält, die auch tatsächlich auf der Kassette sind.

Ein gutes Consumer-Gerät bringt schon gute Ergenisse, vorausgesetzt es ist sauber, die Köpfe und das Laufwerk sind in gutem
Zustand und es hat generell noch nicht "zu viele Stunden runter".
Die "Innereien" eines Videorecorders sind recht empfindlich, versuchen Sie selbst keine Reinigung wenn Sie nicht genau wissen,
was Sie da tuen.
Eine gute Idee ist es sicherlich das Gerät vor der Digitalisierungsaktion in einer bekannt qualifizierten Fachwerkstatt warten zu lassen.
Der eigentliche Digitalisierungsvorgang ist sehr zeitraubend, und es wäre sehr ärgerlich festzustellen, dass das Material von schlechter
Qualität ist und man alles neu digitalisieren muss.
Hat man viele Kassetten oder welche, die schon "an der Grenze" sind, dann ist die Anschaffung eines professionellen (Studio)recorders
sicher sinvoll. Die bekannten Internetauktionshäuser geben da hin und wieder preiswerte Angebote her.

(Bild)

Wollen Sie sie die kleinen VHS-C Kassetten oder ähnliche Formate digitalisiern, so ist es meiner Erfahrung besser sie in einem
guten, passenden Camcorder wiederzugeben als eine der "Adapterkassetten" auf VHS zu nutzen. Wollen Sie letzteres tuen,
so nutzen ein solides Teil mit einer präzisen Bandführung. Billige Plastikdinger zu kaufen ist hier deutlich am falschen Ende
gespart.

Kabel

zwischen Videorecorder und Digitalisierer.
Verwenden Sie gute Kabel mit vernünftig sitzenden (maßhaltigen) Steckern. Letzteres ist in den letzten Jahren leider ein deutliches
Problem geworden. Steck sind zu groß oder zu klein, schief...
Gute Kabel heist hier nicht, diese bunten, dicken High-End Strippen zu kaufen, die es in den einschlägigen Unterhaltungselektronik-
häusern gibt. Haben Sie sowas schon mal in einem professionellen Studio gesehen? Sicher nicht...
Ein wichtiger Punkt im Hinblick auf Kabel: Je kürzer desto besser! Am besten ist eine Länge zwischen 50cm und 1,5m. Mehr sollte es
nicht sein. Wenn Sie eine deutlich längere Strecke überbrücken müssen, so denken Sie lieber über eine digitale Lösung wie SDI
nach. Das wird dann aber schnell teuer...

Videokabel:

Generell haben Sie zwei Möglichkeiten das analoge Bild aus dem Recorder zu bekommen:
Bei Consumer-Geräten sollten Sie, soweit nur irgendwie möglich, den Weg über eine Y/C-Verbindung nutzen. Achten Sie hier aber
besonders auf gute Kabel und vor allem vernünftig sitzende Stecker!

Bei professionellen Geräten gibt es meiner Erfahrung nach kaum einen Unterschied zwischen den unterschiedlichen Signaltypen
und Ausgängen. Hier würde ich den FBAS-Ausgang vorziehen (aber wirklich nur bei gleicher Signalqualität), da er i.d.R. erlaubt
bessere Kabel zu verwenden.

Ach ja: "Antennenausgang" (HF-Modulator): Denken Sie erst gar nicht daran!

Audiokabel:

Hier gilt im Prinzip das Vorgesagte. Verwenden Sie für jeden Audiokanal ein eigenes, gut geschirmtes Kabel.
Ebenso für das Videosignal. Halten Sie auf jeden Fall das Videosignal getrennt; vermeiden Sie also unbedingt
diese zusammengerödelten Kombikabel. Da ist ein Übersprechen fast schon garantiert...

Brummschleifen

Ein lästiges Thema.
Ob Sie damit zu kämpfen haben oder nicht hängt im Wesentlichen vom Stromversorgungsanschluß des
Videorecorders, des Digitalisierungsrechners und eventuell eines externen Digitalisierungsgerätes ab.
Generell lässt sich sagen: Wenn sowohl Videorecorder als auch Rechner beide mit der Schutzerde (PE)
der Stromversorgung verbunden sind haben Sie höchstwahrscheinlich ein Problem. Dies ist allerdings fast nur
bei Studiorecordern der Fall. Haben Sie einen Solchen müssen sie modifizierte Audio- und Videokabel ver-
wenden um Brummschleifen aus dem Weg zu gehen.
Dabei darf der Kabelschirm nur an einer Seite mit der Gerätemasse verbunden sein (idealerweise auf der
Videorecorderseite). Das gilt für alle Kabel zwischen VCR und Rechner (außer der Stromversorgung natürlich).

Schließen auf jeden Fall immer alle an der Digitalisierung beteiligten Geräte an eine gemeinsame Steckdosenleiste
an, unabhängig von der oben geschilderten Situation!




Das Digitalisierungsgerät


Welches Gerät Sie am besten zur Digitalisierung verwenden hängt von zwei wesentlichen Faktoren ab:

Bei Letzterem sind drei Fälle zu unterscheiden:

  1. Sie wollen das Material nur auf DVD brennen (nicht schneiden und nacharbeiten)
  2. Sie wollen das Material nur am Computer (oder artverwandten Geräten) wiedergeben oder im Netz verwenden (YouTube) etc,  nicht schneiden und nicht nacharbeiten)
  3. Sie wollen alle Möglichkeiten haben und nach Herzenlust schneiden, vertonen, nachbereiten - was auch immer!

Im ersten Falle können Sie ein Gerät verwenden, das einen MPEG2 Datenstrom liefert.
Im zweiten Falle eines, das einen MPEG4 (AVC/x264) Datenstrom liefert.
Im dritten Falle brauchen Sie ein Gerät welchen eintweder in der Lage ist Videorohdaten (RAW) zu liefern
oder aber MJPEG Daten, wobei ersteres im Prinzip aber zu bevorzugen ist. Sie erhalten dann alles, was das
analoge Band hergibt (im optimalen Fall), im Digitalisat.

Natürlich muß das Gerät in der Lage sein mindestens ein FBAS- oder Y/C-Signal entgegenzunehmen. Idealerweise sollte es auch gleich
die Audiokanäle mitverarbeiten, so entstehen keine Synchronisationsprobleme (Sie können dem schon entnehmen dass es spezieller Verkehrungen
bedarf, um einen synchronisierten Audiodatenstrum mit Hilfe eines anderen Gerätes zu gewinnen. Wie das geht liegt außerhalb des Rahmens
dieses HowTo's...

Also, welches Gerät soll ich verwenden? Ein paar Tips:

Eine Auswahl von Geräten, die potentiell in Frage kommen findet sich hier: http://www.linuxtv.org/wiki/index.php/Category:Analog
Diese laufen auch unter Linux, was sicher nicht schaden kann...

Ein paar Kommentare zu den jeweilen Kategorien:

Rohdaten/MJPEG:

Die Qualität dieser Karten schwankt von Hersteller zu Hersteller dieser Karten beträchtlich, man kann da letztlich nur auf Erfahrungswerte zurückgreifen.
Vorteil: Für viele Betriebssysteme sind Treiber verfügbar. Eine kleine Auswahl gibts hier: http://www.linuxtv.org/wiki/index.php/Bttv_devices_(bt848,_bt878)
ab und zu günstig auf Ebay zu haben, mächtig (lies: Schwieriger zu bedienen, dafür kann man exzellente Ergebnisse erzielen, und man hat keine seltsamen Soft-
und Hardwareprobleme.


MPEG2:


funktionieren unter Windows in der Regel sehr gut, die Linuxtreiber sind schwankender Qualität... Nicht alle Geräte haben allerdings die notwendigen
Eingänge.

Ich weiß allerdings nicht was man für teilweise 10 EUR erwarten kann... Treiber in der Regel für Windows, auf anderen Betriebssystemen tendentiell
eher mau...


MPEG4:



Eine PCI-Karte die einen Y/C Eingang hat ist z.B. die HVC400 von Guangzhou WebViews ("HD-STB") (Wieder keine eigenen Erfahrungen...)


PCI und PCIe Karten sind generell zu bevorzugen, da sie direkt an den Hostbus angekoppelt sind und somit wenig Bandbreitenprobleme haben.
IEEE 1394 ("Firewire") Geräte sind auch in Ordnung, der Hostcontroller sollte allerdings von guter Qualität sein (Es gibt einige Chipsätze die potentiell
problembehaftet sind. Welche dies sind möge der geneigte Leser bitte selbst herausfinden ;-) )

Firewire bringt auch noch den Vorteil mit, dass es hier Digitalisierer gibt, die DV-Videodaten auswerfen.
Wenn diese Möglichkeit besteht sollte man sie nutzen! Dies ist ein komprimiertes Format, mit einigen Vorteilen
zu MJPEG. Zudem ist es voll schnitt- und nachbearbeitungsfähig :-)

USB2 und USB3 funktionieren auch gut, wenn ein paar Voraussetzungen erfüllt sind:

Vor allem bei USB2 sind diese Punkte wichtig, USB3 kann auch ohne diese Voraussetzungen funktioniern (vorausgesetzt natürlich dass das Digitalisiergerät
ein USB3-Gerät ist und nicht ein USB2-Gerät an einem USB3-Port), muss aber nicht...


Wenn Sie wirklich gute Ergebnisse erziehlen wollen dann tuen Sie sich den Gefallen und kaufen Sie gebrauchte, professionelle Hardware. Informieren Sie sich
aber vorher genau über die Fähigleiten des Gerätes, Anschlüsse und die Verfügbarkeit von Treibern und Software!
Professionelle Hardware bietet auch meist ein Feature, dass eigendlich unabdingbar ist oder einem das Leben zumindest einfacher macht: Ein echter Videoausgang,
der es möglich macht einen Kontrollmonitor anzuschließen. Das ist nämlich die einzige Möglichgkeit ihr digitalisiertes Material schnell auf seine Qualität hin zu
überprüfen. Vergessen Sie ganz schnell den TV-Ausgang Ihrer Grafikkarte. Den sollten Sie auf keinen Fall benutzen; er wird Ihnen den schlechtesten und
verfälschesten (gibt es dieses Wort?!) Eindruck Ihres Materials geben den man sich nur vorstellen kann. Doch dazu später mehr...



Der Rechner


Was für einen Rechner mit welcher Leistung Sie benötigen lässt sich nicht so schnell beantworten. Es kommt halt darauf an, was Sie machen
wollen...
Die Digitalisieren selbst braucht gar nicht mal so einen schnellen Rechner, was die CPU-Leistung anbelangt. Nachweislich funktioniert es gut
auf einem PIII mit 500Mhz. Dual-CPU oder -Core ist allerdings der Sache sehr zuträglich, da die Chance, dass ein Systemprozess der Digitalisierungs-
software dazwischen kommt (und zu Framedrops führt, die man tunlichst vermeiden sollte) wesentlich geringer ist.

Für den Schnitt, Nachbearbeitung und Umkodierung des Materials hingegen kann der Rechner gar nicht schnell genug sein. Viel CPU-Leitung und Arbeits-
speicher hilft hier viel.

Ein Punkt auf den es auf jeden Fall darauf ankommt, und mit dem die Sache letztendlich steht und fällt, ist die I/O-Leitung der Maschine. Bei der Arbeit mit
digitalem Video fallen sehr große Datenmengen an, die dazu noch möglichst ohne Verzögerung von A nach B geschaufelt werden müssen.

Eine wichtige Veraussetzung dafür sind ein gut funktionierendes Mainboard (kaufen Sie wirklich gute Markenware von einem nahmenhaften
Hersteller), ein Serverboard dass eine ordentliche Grafikkarte aufnehmen kann ist hier sicher keine schlechte Wahl. Sehr gute und vor allem
stabile Chipsatztreiber sind unabdingbar. Wie gesagt, es entstehen große Datenmengen, und der Digitalisierprozess kann lange dauern.
Eine 240min. VHS-Kasette braucht halt 240 Minuten bis sie durchgelaufen ist. Wenn es da seitens der Hardware einen kleinen "Schluckauf"
gibt dürfen Sie von Vorne anfangen. Das will man nicht wirklich.

Das vorgesagte gilt im Prinzip für alle Rechnerkomponenten.

Grafikkarte: Hier brauchen Sie im Prinzip nichts extravagantes, die 3D-Funktionen werden im Prinzip nicht benötigt. Eine gute Mittelklassekarte
reicht aus. Ein Sonderfall ist es, wenn sie den Grafikprozessor (GPU) für ein beschleunigtes Transcodieren und Schneiden des Videomaterials
nutzen wollen. Hier ist mehr natürlich immer mehr. Ob Sie das auch nutzen können ist die große Frage: Erfahrungsgemäß ist es so, dass die Programme
die die GPU nutzen können gerade ihre Videoformate nicht lesen oder schreiben können... :-S

Monitor/Display: Es sollte keine großartigen Verzeichnungen und Farbabweichungen über die gesamte Displayfläche geben.
Ein guter CRT-Monitor kann hier auch in diesen Zeiten noch eine gute Idee sein...

Wie schon erwähnt: Die I/O-Leitung ist von essentieller Wichtigkeit und damit in Zusammenhang vor allem

Festplatten, Festplattenschnittstellen und Hostadapter bzw Controller 

Festplatten: Je größer desto besser! Wenn Sie mit RAW-Video arbeiten wollen sollten Sie schon 1 Tb zur Verfügung haben. Bei MPEG2, MPEG4 und
MJPEG reicht im Zweifelsfalle auch etwas weniger.

Die Festplatten müssen schnell sein!
Das trifft in erster Linie auf Lese- und Schreibdurchsätze zu; wenn Sie schneiden wollen sollten die Platten zudem noch eine geringe Zugriffs- bzw.
Latenzzeit haben.

Kommen Sie gar nicht erst auf die Idee die Arbeit mit Video auf der Systemplatte machen zu wollen: Es klappt nicht! Sobald das System auf die Platte
zugreift haben Sie Framedrops im Video...

Sie brauchen also eine Platte exklusiv nur für die Videoarbeit! Besser sind zwei oder eine gerade Zahl mehr in einem Stripeset (RAID 0)...
Als Festplattenschnittstellen können zum Einsatz kommen: SATA, SAS, U160- U320-SCSI, FC. Festplatten am USB sind eher nicht
zu empfehlen. Wenn es wirklich nicht anders geht, dann spendieren sie den Videoplatten auf jeden Fall einen eigenen Controller!
Bei SATA-Controllern achten Sie wieder besonders auf eine vernüftige Qualität und solide Treiber. Bei den anderen
Schnittstellen sollte das sowieso selbstverständlich sein...

Generell lässt sich sagen, dass sich die Performance eines Stripesets noch verbessern lässt, in dem Sie die Platten auf mehrer Controller
aufteilen. Bei PCI bringt das nur wirklich was, wenn die Controller durch getrennte PCI-Busse bedient werden. Bei PCIe oder ähnlichen
Punkt-zu-Punkt-Architekturen ist das nicht so wesentlich.


Was brauche ich sonst noch...





Software und Workflow

Das ist die Stelle wo das Biest seine Haare bekommt :-)


Die Welt könnte so schön sein: Es gibt nur ein Videoformat mit einer Bildwiederholrate, einer festen Bildgröße, einem wohldefinierten Farbraum und nur
Vollbildern. Aber, wie Sie sich schon denken können, ist das grundsätzliche Gegenteil der Fall...
Darum brauchen wir zunächst (sind kommen nicht drum herum, zumindest wenn Sie halbwegs akzeptable Ergebnisse möchten)...

...etwas Theorie.

Film (siehe Anfang) ist einfacher. Leider haben haben wir es aber hier mit einer historisch gewachsenen Welt von TV-Videoformaten zu tuen.
Das bedeutet Ärger! Da hätten wir zunächst:


Interlacing

Wie Sie vielleicht wissen wird beim TV-Video ein Vollbild (wie beim Film) in zwei Halbbilder zerlegt übertragen. Da die TV-Übertragung in Form
von Bildzeilen erfolgt wird auch das Bild in Zeilenform zerlegt. Die Bildübertragung und -darstellung beginnt in der linken, oberen Ecke (Anfang der ersten Zeile)
und endet in der rechten, unteren Ecke (Ende der letzten Zeile). Man kann nun die einzelnen Zeilen von oben nach unten abzählen.
Da wir für jedes Bild zwei Halbbilder (die jeweils als "Field" bezeichnet werden) haben, ergibt dies ein Halbbild das alle ungeraden Zeilen (in der Abzählung) enthält
(dies ist das "Top Field" (normgemäß F1), da es mit der ersten, also obersten Zeile beginnt), und ein Halbbild das alle geraden Zeilen enthält
(dies ist das "Bottom Field" (F2), da es mit der zweiten Zeile, also der Unteren im Bezug auf die erste Zeile, beginnt).

Nun gibt es zwei Fälle:

  1. Der Digitalisierer beginnt mit dem Top Field ("Top Field first") oder
  2. Der Digitalisierer beginnt mit dem Bottom Field  ("Bottom Field first").

Im weiteren Verlauf ist es wichtig zu wissen nach welchem Schema das eingesetzte Gerät vorgeht. Weiß man es nicht so wird man es auf die harte Tour herausfinden... ;-)

Die ganzen grausamen Details über Interlacing finden sich hier: http://www.lurkertech.com/lg/fields/
Es schadet nicht das zu lesen wenn man etwas Freizeit hat...

Interlaced oder nicht...

Es gibt einige MPEG2 und MPEG4 Digitalisier, die das interlaced Analogmaterial freundlicherweise auch gleich deinterlacen (dazu später mehr).
Das ist einerseits ganz nett, wenn man das Material im Netz hochladen oder nur auf dem Rechner ansehen will (dann entfällt der rechenintensive Schritt
des Deinterlacing auf dem Rechner), aber übel wenn man es später auf eine DVD brennen oder generell auf einem Fernseher anschauen will.
Dann muß das deinterlaced-Material wieder in die Interlaced-Form zurücküberführt werden, was der Qualität seeeehr abträglich ist...
Schneiden und nachbearbeiten sollte man grundsätzlich mit dem interlaced-Material. Dabei muß man zusehen dass eine übereifrige Software das
Material nicht zwischendurch deinterlaced und wieder interlaced. Dann ist der Augenkrebs schon fast vorprogrammiert ;-)

PAL oder NTSC

Die zwei Videonormen mit denen man es in der Regel zu tuen bekommt. PAL ist dabei die (ursprünglich) europäische Norm,
NTSC die US-Amerikanische. Es gibt noch das französische Secam, das aber in seiner reinen Form heute sehr exotisch ist
(und das die allermeisten Digitalisierer nicht verarbeiten können). Die neueren Secam-Versionen sind weitgehend identisch zu
PAL und können auch als Solches verarbeitet werden.
Die Normen unterscheiden sich wie folgt (die Angaben beziehen sich auf digitales Material und sind im analogen Format nicht
so eng spezifiziert, was vor allem auf die Bildabmessungen abzielt)

PAL:
NTSC
Ursprünglich unterscheiden sich auch die Farbmodelle, aber das soll uns nicht interessiern, es sei denn man hat sehr altes
NTSC-Material...) (btw. Auf Farbraum- und PAL-zu-NTSC- und vice-versa-Konvertierungen soll hier nicht eingegangen
werde. Wenn man das plant ist es eine weitere Quelle für zusätzliche graue Haare...)

Square vs. Non-Square Pixels

Noch so eine grausame Sache.
Um es kurz zu machen: Non-Square Pixel sind in 90% der Fälle die richtige Wahl.
Sie kommen mit der Sache erst wirklich in Berührung, wenn Sie z.B. in Photoshop (oder was auch immer)
Einblender erstellen und diese in Ihr geschnittens Video einbinden wollen. Solche Grafiken haben in aller Regel Square Pixel.
Wenn Sie also in Photoshop einen Kreis gezeichnet haben und Sie diese Grafik in das Video einbinden (womit die Grafik zwangs-
läufigerweise in Non-Square umgewandelt wird) sehen sie statt des Kreises eine Ellipse... Es gibt im Prinzip zwei Möglichkeiten damit
fertig zu werde: Ihr Grafikprogramm kann von Grund auf Non-Square Grafiken erzeugen (gute Idee) oder aber sie konvertieren das
Videomaterial zwischenzeitlich in Square Pixel Material (nicht so toll). Zusammengenommen mit der Interlaced-Problematik un der
Aspect Ratio (siehe unten) ergeben sich hier aufregende Problemstellungen...

Alle abschreckenden Details über Square- und Non-Square-Pixel: http://www.lurkertech.com/lg/pixelaspect/

Aspect Ratio

Das Bildseitenverhältnis. Gibt es im TV in zwei verschiedenen Geschmacksrichtungen, nämlich 4:3 und 16:9.
Auf unseren alten Videobändern, um die es hier haupsächlich geht, hat es in der Regel immer 4:3.
Wenn 16:9 Bilder aufgezeichnet sind so kommen diese fast immer als letterboxed 4:3 (4:3 Bilder mit einem
schwarzen Balken oben und unten). Kann ihre Videomaschine tatsächlich anamorphes ("gestauchtes") oder sogar
"echtes" 16:9, dann melden Sie sich bitte bei mir ;-)

"Schwarzweiß" oder Farbe

Wenn Sie echtes Graustufen- ("Schwarzweiß") material haben sollten Sie dieses auch als Solches digitalisieren!
In diesem Fall ist es eine gute Idee die Y/C Verbindung zu nutzen, da hier die Helligkeitsinformation (Y) und die
Farbinformation (C) getrennt übertragen werden. Stellen Sie den Digitalisierer auf "Schwarzweiß" so wertet er nur
das Helligkeitssignal aus und liefert auch nur dieses als Datenstrom ab.
Leider gibt es gerade bei den "preiswerten" Geräten auch den Fall, dass sie intern generell nur Farbsignale verarbeiten
und diese durch ein Graufilter "runterrechnen" oder dass sich schlimmstenfalls gar keine Einstellung für S/W oder
Farbe findet.
In beiden Fällen gehen Sie am besten wie folgt vor, um eine möglichgst gute Qualität zu erhalten:
Trennen Sie dazu auf der Digitalisiererseite die C-Ader möglichst nah am Stecker durch (achten Sie dabei darauf möglichst
wenig der Kabelabschirmung zu verletzen